Die Nangombes und ihre Projekte

Wie ich ihm vorherigen Beitrag bereits erwähnte beherbergt Anita tagsüber ihre Klienten im Haus. Sie betreibt in Windhoek eine Tagesstätte für Menschen mit Behinderung. Die Lösung der Unterbringung in ihrem Zuhause war vorübergehend und seit Anfang des Jahres ist sie mit ihrem Zentrum – Namibia Special Need Adults Centre – in geeignetere Räume umgegezogen. Angeschlossen ist nun auch ein normaler Kindergarten mit Vorschule und einer Nachmittagsbetreuung für ältere Kinder. Kids@Heart, welches von Vanessa, einer engen Freundin Anitas, mit sehr viel Liebe betrieben wird. Gelebte Inklusion und Womenpower par ex­cel­lence. In dieser Kombination sicher auch sehr erfolgreich!!! Ich habe diese beiden Frauen erlebt und bin beeindruckt wie viel Kraft, Zeit und Liebe sie in ihre Projekte stecken. Freizeit gibt es für die beiden sehr wenig. Unermüdlich sind sie rund um die Uhr entweder für ihre Familien oder Projekte im Einsatz. Wer dieses Engagement unterstützen möchte, findet auf den verlinkten Seiten im Beitrag auch die jeweiligen Spendenkonten. Jede Hilfe – und ist sie noch so klein – bringt Projekte wie diese weiter. Spendet oder teilt die Links zu den Projekten mit euren Familien, Freunden oder Kollegen. Bleibt mit dran und unterstützt die Aktionen. Es gibt so Vieles das man tun kann. Wollt ihr direkt vor Ort (z. B. durch ein freiwilliges Volontariat) unterstützen, so hilft euch Anita hier auch gerne weiter. FLY internship organisiert Aufenthalte in Windhoek und schnürt Pakete, die es einfach machen, neue Erfahrungen in Namibia zu sammeln und sich voll und ganz in die Projektarbeit einzubringen. Anita spricht deutsch und ist per Mail oder die sozialen Medien erreichbar. Sie freut sich u. A. auch über männliche Voluntäre (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten u.s.w.), denn für körperliche Reaktivierung der Klienten und die Arbeit mit behinderten Menschen ist manchmal sehr viel Kraft nötig. Auch hier findet ihr die Kontaktdaten auf den entsprechenden Seiten. Egal wie – seid Teil wenn es heißt: Menschen unterstützen Menschen.

Bilder sagen ja bekanntlich mehr als tausend Worte und so habe ich auch hier bewegte und unbewegte Bilder, die euch den Alltag vor Ort ein wenig näher bringen. In den 3 Monaten meines Aufenthalts lernte ich so Julian, Deoline, Jack und Julian II kennen, die zum festen Klientel Anitas gehören. Auch mit ihnen verbinden mich sehr viele schöne Erinnerungen und sie sind mir alle sehr ans Herz gewachsen. Es war einfach nur schön zu sehen wie glücklich sie in dieser Gemeinschaft waren. Ein gut strukturierter Tagesablauf gibt ihnen Halt. Zeit die News des Tages zu besprechen, zu basteln und für ausreichend körperliche Bewegung bzw. Förderung zu sorgen. Chillen, Spielen, Tanzen, Quatsch machen und wir täglich mit dabei.

Aus einfachen Mitteln bastelte Kathy einen tollen Ergobaum. Ein schöner Anreiz für eine gezielte Bewegungskoordination. Die Bilder von unserem selbstgebastelten Weihnachtsbaum, der aus Ästen verschiedener Längen entstehen sollte, erspare ich euch besser. Ähnlichkeiten mit einem Scheiterhaufen und dem schiefen Turm von Pisa waren nur zwei der Formen die er im Laufe seiner Entstehungsphase annahm. 🙂

Lownan, der den kleinen Radiosender – BaseFM 106.2 Namibia – im gegenüberliegenden Haus betreibt, suchte eines Tages Nachwuchsmoderatoren. Die Ausschreibung dazu lief über Facebook und fand großen Anklang. Am Tage des Castings herrschte nicht nur reges Treiben auf der Straße und im Haus gegenüber, sondern auch eine ziemlich große Aufregung im Haus selbst. Jack und die beiden Julians wollten unbedingt auch ihre Chance nutzen und an der Audition teilnehmen. Ein wenig Stimmtraining vorab und wir zogen gemeinsam ins gegenüberliegende Studio. Alle drei schafften es bis ins Studio und gaben eine beeindruckende Vorstellung. Ein schöner und lustiger Tag für uns alle!

Menschen mit Behinderung haben es nicht sehr leicht in Namibia. Es gibt kaum Einrichtungen der Betreuung, Integrationsprogramme, geschweige denn ein behindertengerechtes Umfeld. Das erkannte auch Anita, als sie vor Jahren nach Windhoek kam. Ursprünglich mit anderen Plänen im Gepäck, gründete sie gemeinsam mit einer Heilpädagogin das Frühförderungszentrum Side by Side und setzt sich bis heute mit ihren Projekten für die Belange behinderter Menschen ein. Eine Leistung, vor der ich in aller Ehrfurcht nur meinen Hut ziehen kann. Besonders berührt hat mich Julians Geschichte. Ein junger Mann, dessen schweren Autounfall vor 12 Jahren sein Leben veränderte.

Anita begleitet Julian jetzt schon einige Jahre, kennt ihn ziemlich gut und gibt trotz manch auftretenden Schwierigkeiten nicht auf, ihn zu begleiten um sein Leben mit der bleibenden Behinderung permanent zu verbessern. Das ist nicht immer einfach und erfordert viel Geduld auf beiden Seiten. Zusammen bekommen die beiden das aber immer wieder auf die Reihe. Umso mehr freue ich mich über die aktuellen Bilder und Fortschritte. Julian ist leider noch nicht in der Lage ohne Hilfe zu gehen. Gleichgewicht halten ist für ihn eine große Herausforderung. Manchmal, wenn er sehr gut drauf und etwas übermütig war, stellte er seine Gehilfe ins Eck und versuchte holprig und wackelig ein paar Meter alleine zu gehen. Was für ein schönes Gefühl muss es für ihn sein ohne fremde Hilfe zu gehen? Oft stockte mir der Atem wenn meine Augen diese Bemühungen verfolgten und ich sah ihn fast schon fallen. Passierte auch mal, aber manch kurze Distanz hat er dann doch ganz alleine und ohne Sturz gemeistert. Das erfüllte nicht nur mich mit Stolz, jeder hat sich mit Julian über diese kleine Erfolge gefreut. Seit einiger Zeit kann Anita nun ihre Klienten durch eine Reittherapie unterstützen. Balance und Körperhaltung werden dadurch trainiert und ich habe Julien noch nie so locker wie auf dem Pferd gesehen. Ach, da hüpft nicht nur das Pferd, sondern auch das Herz vor Freude. So ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, dass ich aus dem fernen Deutschland gerne ein paar Reitstunden für Anitas Klienten sponsere. Jack macht sich nämlich auch gut auf dem Pferd.

Auch Lownan unterstützt seine Frau und seine Landsleute mit unglaublicher Ideenvielfalt. Als Manager des Windhoeks Football Clubs fördert und fordert er junge talentierte Spieler, die allesamt aus der näheren Umgebung stammen. Den ersten großen Erfolg durfte ich im September dann auch gleich mitfeiern. Die Mannschaft wurde U19 Stadtmeister und das musste natürlich mit einem angemessenen Braai gebührend gefeiert werden. Ich war gerade mal ein paar Tage im Land und fand mich als einziges weibliches Wesen inmitten feiernder junger Männer wieder. War dann aber recht schnell akzeptiert, weil ich die Bierflaschen (mangels aufzufindendem Öffner) mit einem Feuerzeug öffnen konnte. 😉 Es wurde mir, zusammen mit dem Trainer und anderer anwesender Unterstützer, die Ehre zuteil als erste das leckere Grillfleisch serviert zu bekommen, bevor sich die hungrige Meute dann über das Essen stürzte. Auch ein Abend, der mir noch sehr lebhaft in Erinnerung ist.

Auch das kann er, der Lownan

rappen und zwar in Afrikaans. Unter dem Namen Wambuseun ist er nicht nur in Namibia bekannt. Hier gibt es weitere Songs und auf YouTube findet ihr noch das ein oder andere Video dazu. Zugunsten der Familie und unzähligen weiteren Projekten hängte er sein Musikerdasein für eine Weile an den Nagel. ABER – einmal Musiker, immer Musiker. Kurz nachdem ich weg war, richtete er sich im Anbau ein Tonstudio ein und seit Anfang diesen Monats ist seine neue Single am Start. So werden wir vielleicht künftig wieder mehr von ihm hören und sehen können.

Wie unschwer zu erkennen ist, war ich untergebracht in einer kunterbunten Mischung von allem. War umgeben von tollen, lustigen, kreativen und mutigen Menschen. Eine Zeit in der ich viel gelernt, gesehen und erlebt habe und aus der ich sehr viel mitnehme. DANKE Anita und Lownan – für euer Engagement, eure Gastfreundschaft, dass ihr euer Haus öffnet um dies alles möglich zu machen. Schön, dass es Menschen wie euch gibt und noch viel schöner, dass ich euch getroffen habe.